Freitag, 10. Februar 2012

Über Heidi, Seal und Erneuerung des Eheversprechens

Diese Woche habe ich mich am Kiosk mit farbigen Heftli eingedeckt. Ich bin noch nicht dazugekommen, sie zu lesen, aber wahrscheinlich steht in allen dasselbe. Jedenfalls ist auf fast jedem Titelbild Heidi Klum und/oder ihr Noch-Ehemann Seal abgebildet. Dass diese Trennung nun in der Presse wohl länger abgehandelt wird, verwundert nicht weiter - schliesslich haben die beiden ihr Eheglück auch immer wieder öffentlich dokumentiert, unter anderem mit der jährlich am Hochzeitstag stattfindenden Erneuerung des Eheversprechens, dem sogenannten "Renewal of the Vow". Wie man den farbigen Heftli entnehmen konnte, waren diese Feiern jeweils auch sehr bunt - Heidi ist, wie man weiss, eine rheinische Frohnatur und dem Fasching sehr zugetan und wahrscheinlich war der "Renewal of the Vow" jeweils ein guter Grund, eine tolle Party zu schmeissen. Ich war (leider ;-)) nie dabei und weiss deshalb nicht, ob die beiden die Ehe bei diesen fröhlichen Anlässen jeweils nur für ein Jahr erneuert haben und jetzt das Verfalldatum erreicht ist. Das würde der Idee entsprechen, die eine gute Freundin letzthin hatte - die Ehe mit Verfalldatum. Sie fand, man könne doch im Vorneherein die Ehe auf eine bestimmte Anzahl Jahre abschliessen und wenn dann diese Zeit abgelaufen sei, wäre man wieder frei - ohne Formalitäten. Wenn man weiterhin zusammenbleiben wolle, könne man den Vertrag ja dann verlängern - eben zum Beispiel mit der Erneuerung des Eheversprechens.

Auch wenn dieser Ansatz für mich als Trauungsgestalterin finanziell wahrscheinlich sehr attraktiv wäre, konnte ich diese Idee nicht unterstützen: Wo wäre dann die Motivation, die Beziehung wieder zu schüren, wenn das Feuer nicht mehr brennt? Paare bräuchten die letzten Jahre ihrer Ehe nur noch abzusitzen und könnten sich dann in ein neues Abenteuer stürzen. Sie würden wieder jemanden kennenlernen, vielleicht nochmal heiraten und würden dann wieder das Verfalldatum herbeisehnen. Eine andere Freundin von mir meinte einmal, sie sei nicht bereit, eine Beziehung zu ertragen, bei welcher man am Ende des Abends einfach noch zusammen vor der Kiste sitze - wenn es soweit komme, sei es Zeit, einen Schlussstrich zu ziehen und weiterzugehen. Und wenn sie das so alle paar Jahre machen müsse, dann sei dies halt so. Sie würde diese Ehe mit Verfalldatum wohl auch unterstützen.

Natürlich kann man Liebe auch so leben - wie eine Biene von Blume zu Blume fliegen, wenn der Nektar ausgesogen, der Zucker weg ist, geht's weiter. Ganz ehrlich - zwischen 20 und 40 finde ich das auch nicht weiter verwerflich und wer mich kennt, weiss auch, dass ich das lange auch nicht anders gemacht habe. Aber irgendwann kommt dann der Punkt, wo man merkt, wie sinnlos und unbefriedigend das Leben so ist. Das ist übrigens oft nicht nur in der Beziehung so, sondern bezieht sich auch auf andere Eckpunkte im Leben, wie Arbeit, Wohnen, Hobbies, Freunde....Bei letzteren finde ich aber ein Tapetenwechsel weniger verwerflich, ja manchmal sogar zwingend. Aber in der Beziehung? Spätestens ab 40 lohnt es sich, dafür zu kämpfen, die Gründe liegen auf der Hand:

Kinder. Oft war die Liebe ja einmal so gross, dass man beschlossen hat, zusammen ein oder mehrere Kinder zu zeugen. Und diese "Früchte der Liebe" sollen nun darunter leiden, dass man einfach die Kurve nicht mehr kriegt, nicht mehr erträgt, dass sich der Alltag in die Beziehung eingeschlichen hat? Auch wenn die Patchwork-Familie nichts Besonders mehr ist und immer wieder beschönigt wird - als Scheidungskind weiss ich, wovon ich spreche: Für Kinder gibt es nichts (ich wiederhole: NICHTS) Schlimmeres als die Trennung der Eltern.

Aber auch ohne Kinder gibt es einen guten Grund: Das Alter. Seien wir ehrlich: Nach 40 gehen die Spots nicht mehr an, wenn wir das Lokal betreten, egal wieviel Mühe wir uns geben. Im Scheinwerferlicht sonnen sich jetzt Jüngere, Attraktivere. Und es wird für die Biene also nicht mehr ganz so einfach, eine neue Blume zu finden. Kommt noch dazu, dass sich wir bei abnehmender Attraktivität immer wählerischer werden. Sehr anstrengend - und oft regelrecht deprimierend.

Ganz ehrlich - nie liebe ich meinen Mann mehr als nach einem Abend umgeben von Ü40 Single-Frauen. (Leider sage ich ihm das viel zu selten!) Bin dankbar für das, was ich habe und gelobe, es hoffentlich nie zu vergessen.

Den Paaren, die ich als Trauungsgestalterin traue, schreibe ich ihre Liebesgeschichte. Die Geschichte, wie sich ihre Wege zum ersten Mal gekreuzt haben, was sie dabei gefühlt und wie sie sich verliebt haben und wie sich aus einer ersten Verliebtheit dann die Liebe entwickelte, die so gross ist, dass sie nun heiraten. Ich gebe den Paaren diese Geschichte an der Hochzeit in Buchform ab, damit sie sie jederzeit nachlesen können, sollten sie einmal vergessen, wieso sie überhaupt miteinander verheiratet sind. Ganz in der Hoffnung, dass sie sich daran erinnern, wie gross ihre Liebe einmal war und sich einig sind, dass es verwerflich wäre, so etwas Kostbares wegzuwerfen. Dass sie einen Weg finden, die Beziehung wieder zum Laufen zu bringen und Krisen zu meistern. Und sich dann, vielleicht anlässlich eines runden Jahrestages oder auch nach einer überstandenen Krise, vielleicht dazu entschliessen, ihr Eheversprechen nochmals zu erneuern.

Dann finde ich die Erneuerung des Eheversprechens eine ganz tolle Sache.
PS. Unsere ist für den 2. Oktober 2029 geplant. :-)



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